Baupläne für einen stabilen, zeitlosen Stuhl mit klassischen Holzverbindungen.
Die Menge aller Stühle im Haus zerfällt in zwei Gruppen: die alten stabilen und die neuen wackeligen. Nebst Stabilität punkten die alten mit recht frei und bequem geformter Rückenlehne, währen die neuen auf leichte Produzierbarkeit ausgelegt sind, d.h. so viele geradlinige Schnitte wie möglich, bloß keine Krümmungen.
Aufgrund des Wachstums des Nachwuchses wird von Zeit zu Zeit ein weiterer Stuhl benötigt. Spätestens mit Eintritt in die Schule besteht Anspruch auf einen "Erwachsenen-Stuhl". Kurzer Blick in den Online-Handel stellt unmissverständlich klar: selber bauen! Aus optischen und Stabilitätsgesichtspunkten fallen alle erhältlichen Exemplare schon durch die erste grobe Begutachtung.
Die alten geleimten Holzverbindungen sind nahezu unverwüstlich. Die Holzmasse am Stuhl ist gering, die Holzqualität umso höher. Neue Stühle werden oft nur durch Schrauben und Holzdübel gehalten. Wenn der Hersteller etwas mehr Stabilität liefern möchte, wählt er viel zu starke Holzquerschnitte, was die Stühle schwer und unansehnlich macht. Gefragt (bei mir) sind aber schlanke, wohl proportionierte Exemplare.
Hat man ein altes, gefälliges Exemplar, ist ein Stuhl schnell geplant. Spätestens aber, wenn man die Konstruktion mittels CAD-Software im Computer präzisiert, stellt sich die Frage: Welche Geometrie hat eigentlich eine wohl gekrümmte Rückenlehne? Ist das ein Stück Zylindermantel? Oder eher ein Stück Kegeloberfläche? Diese Frage hat mich viele Tage und Nächte umgetrieben. Inzwischen habe ich Antworten gefunden, die aber einen eigenen Artikel verdient haben. Hier nur kurz als Denkanregung: Man kann sich je nach Vorlieben in gewissen Detailfragen zwischen der Oberfläche eines Kreiskegels oder der eines elliptischen Kegels entscheiden. Praktisch ist diese Frage nicht so relevant, da die Form auch ein bisschen nach Gefühl gearbeitet werden kann.
Aus den unten zum Download verfügbaren Plänen sind zwei Stühle entstanden. Schwierigster Punkt in der Herstellung waren die gekrümmten Rückenlehnen, da diese Mangels großer Fräser nicht gefräst werden konnten, sondern freihand auf der Umlenkrolle des Bandschleifers entstehen mussten.
Die Befestigung der Sitzfläche mit Nutklötzen ist etwas "Over-Kill". Aber ich hatte keine bessere Idee und kann bei Bedarf die Platte zukünftig leicht gegen etwas Gepolstertes oder so austauschen.
Für die Planung gab es diverse Bleistiftskizzen. Die wesentlichen Maße stammen von einem alten Stuhl aus dem Bestand. Am Computer wurde mit dem kostenfreien FreeCAD in 3D gezeichnet. Daraus lassen sich dann Ansichten und bemaßte Zeichnungen aller Einzelteile generieren.
Hier die Pläne zum Nachbauen, Anpassen,...:
Für FreeCAD-Nutzer: Gezeichnet wurde mit Version 0.21.2. Alle Teile sind in einer Datei und wurden (teilweise) über den Assembly-4-Workbench zusammengebaut. Letzteres hat nur so mäßig gut geklappt, da es Probleme mit gespiegelten Bauteilen gab.
Das Stuhlmodell ist vollständig parametrisiert. Man kann also Höhe, Breite, Tiefe, Neigungswinkel, Holzstärken,... vorgeben und FreeCAD generiert den passenden Stuhl dazu.
Nicht in den Zeichnungen enthalten sind die Nuten in den Zargen, die Eckverstärkungen in den Zargennuten und die Nutklötze. Auch die abgerundeten Kanten der Sitzfläche fehlen.
Nach sehr ähnlichen Plänen sind vor längerer Zeit bereits ein paar Kinderstühle entstanden. Mit dem parametrisierten Modell oben können die Pläne leicht auf Kindergröße angepasst werden. Die Holzstärken bleiben dabei unverändert, sodass auch die Kinderstühle hinreichend stabil für Erwachsene sind. Das gezeigte Exemplar wird regelmäßig mit mehr als 80 Kilogramm belastet und zeigt auch nach ca. 2 Jahren intensiver Nutzung keinerlei Stabilitätsverluste.
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