Baupläne für einen einfachen Schreibtisch, der auch als Esstisch dienen kann und zwei große Schubladen unter der Platte verbirgt.
Die Kinder werden größer und erheben Stück für Stück Anspruch auf einen Schreib- und Spieltisch im Erwachsenmaß. Mit der Zeit sammeln sich so Schreibtische an, die nach etwa 15 Jahren keiner mehr benötigt. Entsprechend sollte so ein Tisch auch anderweitig einsetzbar sein, zum Beispiel als Esstisch.
Jeder Schreibtisch braucht Stauraum in Form von Schubladen. Damit der Tisch vielfältig verwendbar bleibt, können Schubladen nur direkt unter der Platte platz finden. Die Schubladenfronten sind also genau dort, wo eigentlich die Zarge sein sollte, die die Platte stützt und die Beine stabil miteinander verbindet.
Schaut man sich im Handel erhältliche Zargentische mit Schubladen an, so ist stets eine verhältnismäßig kleine rechteckige Öffnung in die Zarge gesägt (oder manchmal zwei), in der die Schublade verschwindet, wobei die Front wahlweise ein- oder aufschlagend ausgeführt wird. Die Zarge bleibt durchlaufend um ihr Funktion zu erfüllen. Die Schublade muss sich in ihren Ausdehnungen dem fügen. Resultat: Die Schubladen sind viel zu klein, insbesondere viel zu flach um von nennenswertem Nutzen zu sein. Aus mir völlig unklaren Gründen sind die Schuladen auch von geringer Tiefe. Warum reichen die nicht bis zur anderen Seite des Tisches? Das ist doch verschenkter Platz!
Erschwerend kommt hinzu, dass die Qualität der Schubladen in käuflich erhältlichen (neuen) Tischen unter aller Sau ist. Keine zwei Monate und die primitiven Dübel-/Schrauben-/Klebeverbindungen geben auf. Man zieht an der Front und bekommt auch nur die Front. Im ungünstigsten Fall folgt noch der Boden, sodass der Schubladeninhalt bei Ziehen nach unten fällt. Also mal wieder selber bauen...
Könnte man nicht eine Konstruktion finden, die die Funktionsfähigkeit der Zarge erhält bzw. geeignet ersetzt und gleichzeitig die volle Zargenhöhe für die Schubladen verfügbar macht? Das ist keine einfache Aufgabenstellung, mit etwas Tüfteln aber lösbar.
Die Grundidee ist, dass wir die Platte als Teil der Zarge ansehen. Wir verleimen (zunächst nur gedanklich) die Zarge mit der Platte; natürlich nur auf der einen Seite des Tisches, damit die Platte auf der anderen Seite Platz zum Quellen und Schwinden hat. Nun sägen wir zwei schöne große Öffnungen in die Zarge; oben bis direkt unter die Platte, unten bis 2 cm über die Zargenunterkante. Die unteren 2 cm der Zarge verstärken wir mit einer dahinter geleimten ebenfalls 2 cm hohen Latte. Links und rechts der Schubladenaussparungen sowie mittig dazwischen lassen wir ein paar Zentimeter der Zarge stehen, damit einerseits noch genug Leimfläche zwischen Zarge und Platte bleibt; andererseits aber auch die Beine noch stabil mittels Schlitz und Zapfen mit der Zarge verbunden werden können.
Mit Blick auf die Durchbiegung der Platte unter Last ist diese Konstruktion kaum schlechter als bei einem normalen Zargentisch. Die Zarge ist oben (in Form der Platte) und unten (2 cm plus Latte dahinter) noch vorhanden. Da das Innere eines "Balkens" für dessen Durchbiegung unter Last kaum eine Rolle spielt, ist unser hohler "Balken" fast genauso stabil wie ein voller Balken. Zusätzlich haben wir ja auch noch den Verbindungssteg mittig zwischen den Öffnungen.
Auch wenn es Mühe macht und etwas Übung braucht: Die Schubladenseiten werden mittels Schwalbenschwanzzinken verbunden. Da die Verzinkung an der Vorderseite nicht sichtbar sein soll, kommt hier (für mich) das erste Mal die verdeckte Zinkung zum Einsatz. Auch wenn meine Verzinkungen nicht immer perfekt ausgeführt sind, ist deren Stabilität deutlich höher als bei industriellen Verbindungen (Dübel, Schraube, eventuell Leim). Der Geschirrschrank ist nun fast zwei Jahre in intensiver Nutzung und selbst die schweren, täglich zigmal, oft schwungvoll geöffneten Schubladen zeigen noch keinerlei Ermüdungserscheinungen.
Die praktische Umsetzung der Pläne war nicht weiter schwierig. Kleines Detail für Liebhaber: Die Schubenladenfronten sind ohne Knauf, dafür mit Griffmulde hinten unten. So fallen die Schubladen kaum auf, zumal die Maserung durchlaufend ist.
Man beachte auch die Tiefe der Schubläden, die bis zur gegenüberliegenden Zarge reichen.
Für die Planung gab es natürlich zunächst diverse Bleistiftskizzen. Die Grundmaße sind Standard, also die Platte 120x80 und der Tisch in Summe 78 cm hoch. Am Computer wurde mit dem kostenfreien FreeCAD in 3D gezeichnet. Daraus lassen sich dann Ansichten und bemaßte Zeichnungen aller Einzelteile generieren.
Hier die Pläne zum Nachbauen, Anpassen,...:
Für FreeCAD-Nutzer: Gezeichnet wurde mit Version 1.0.0. Alle Teile sind in einer Datei und wurden (teilweise) über den neuen Assembly-Workbench zusammengebaut. Letzteres hat nur so mäßig gut geklappt, braucht wohl noch etwas Übung.
Das Tischmodell ist vollständig parametrisiert. Man kann also Höhe, Breite, Tiefe, Schubladengröße, Holzstärken,... vorgeben und FreeCAD generiert den passenden Tisch dazu.
Nicht in den Zeichnungen enthalten sind die Nuten für die Nutklötze, die Nutklötze selbst und die Schwalbenschwanzverbindungen der Kastenseiten. Achtung: Da die Schubladen direkt unter der Platte laufen, können die Nutklötze nur neben den Schubladen angebracht werden. Der Abstand der Schubladen links, rechts und mittig ist also mindestens so groß zu wählen, dass jeweils ein Nutklotz zur Befestigung der Tischplatte dort platziert werden kann.
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